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  • So manipulieren dich Windkraftgegner

    So manipulieren dich Windkraftgegner

    Ein Windpark im Gebiet des Naturparks Reinhardswald erhitzt die Gemüter. Das Portal Blackout News zeichnet das Projekt in einem Artikel in düstersten Farben. Doch ein Blick auf die Fakten zeigt, es ist ganz anders als dargestellt. Genau genommen ist der ganze Artikel ein reines Produkt der Desinformation. Dabei wird nichtmal der Versuch unternommen, einen journalistischen Anschein zu wahren. Befürworter des Projekts und der Projektierer kommen im gesamten Artikel nicht zu Wort. Wir unterziehen die Aussagen einem Faktencheck und zeigen dir, wie dreist du mit Unwahrheiten manipuliert wirst.

    „Im Märchenwald bei Kassel wächst kein Zauber mehr. Wo einst Dornröschen schlief und Rapunzel aus dem Turm blickte, wühlen heute Bagger tiefe Schneisen in die Erde. Der Reinhardswald, eines der letzten großen, zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands, fällt der Windkraftindustrie zum Opfer.“

    Die Windraftanlagen werden auf einer Kalamitätsfläche gebaut, die überwiegend aus schnell wachsenden Fichtenwäldern besteht. Kalamitätsfläche bedeutet, dass es sich um Baumbestände handelt, die bereits durch Umwelteinwirkungen beschädigt und zerstört wurden. Konkret durch mehrere Stürme und durch starken Borkenkäferbefall. Beides Phänomene, die durch den menschengemachten Klimawandel hervorgerufen bzw. verstärkt werden. Die ökologisch wertvollen Altbaumbestände vor allem im Gebiet des Urwalds Sababurg, die den märchenhaften Charakter der Naturlandschaft ausmachen, sind nicht von Rodungen betroffen.

    „Gewaltige Maschinen fällen alte Baumriesen, planieren Hänge und schütten Hunderte Tonnen Schotter auf empfindlichen Waldboden. Aus einer jahrhundertealten Natur- und Kulturlandschaft wird binnen weniger Monate eine industrielle Großbaustelle. Die Zerstörung ist unumkehrbar“

    Es handelt sich nicht um „alte Baumriesen“, sondern um abgestorbene Fichten. Alle Baumbestände, die gerodet werden, müssen im Zuge der gesetzlich vorgeschriebenen Renaturierungsmaßnahmen an anderer Stelle wieder aufgeforstet werden. Es kommt also nicht zu einer Reduktion der Waldfläche. Generell muss auch nur eine geringe Fläche für das jeweilige Windrad dauerhaft von Baumbestand freigehalten werden.

    Für alle Anlagen gilt die gesetzlich vorgeschriebene Rückbaupflicht nach Ablauf der Betriebsdauer. Alle Eingriffe sind daher umkehrbar und es besteht sogar die Pflicht zum Rückbau.

    „und geschieht unter dem Deckmantel der Energiewende, obwohl weder die regionale Bevölkerung noch der Natur- noch der Denkmalschutz Einfluss nehmen konnten.“

    Die Betreibergesellschaft des Windparks besteht aus den lokalen Gemeinden selbst, deren Gemeindevertreter demokratisch gewählt sind. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens gab es eine vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung, in der Bürger und Verbände Gelegenheit hatten, Stellungnahmen einzureichen.

    „Ein einzigartiges Ökosystem weicht einem Projekt, das mit Nachhaltigkeit wenig zu tun hat“

    Es handelt sich um eine zerstörte Fichtenplantage, nicht um ein „einzigartiges Ökosystem“. Der betroffene Wald wird seit Jahrhunderten als Holzquelle von den umliegenden Gemeinden genutzt.

    Die „Verwunschenen Pfade“ im Bereich des Windparks sind normale Forstwege der Holzwirtschaft. Der Autor war offenbar nie dort und hat sich nichtmal Karten davon angeschaut. Nach Abschluss der Bauarbeiten werden die Flächen um die Windkraftstandorte bis auf die Zuwege und einen Stellplatz für die Feuerwehr wiederaufgeforstet. Die verbliebenen Flächen können können begrünt werden.

    Die abgebildeten Bäume befinden sich im Naturschutzgebiet Urwald Sababurg, ungefähr 3,5 Kilometer entfernt vom Standort des geplanten Windparks. Hier wird also gezielt mit falschen Bildern gearbeitet, um Menschen zu täuschen.

    „Rotorblätter so groß wie Flugzeuge, massive Fundamente aus Beton – die Dimensionen lassen jede Vorstellung von Naturverträglichkeit verblassen.“

    Die Fundamente werden mit Erde bedeckt, begrünt und können mit Blumen bepflanzt werden und als Insektenbiotop oder als Weidefläche dienen.

    „Die charakteristische Mittelgebirgsstruktur des Märchenwalds eignet sich kaum für schwere Technik. Höhenunterschiede erfordern massive Eingriffe: Aufschüttungen bis zu fünf Metern, Abgrabungen ebenso tief, um Platz für Trassen und Kranflächen zu schaffen.“

    Im Reinhardswald waren bereits vor Baubeginn breite Wege für die Forstwirtschaft vorhanden.

    „Anwohner berichten von einer entfremdeten Landschaft. Was einst ein Naturjuwel war, wirkt nun wie ein Industriegebiet.“

    Die Landschaft ist bereits entfremdet durch massenhaft abgestorbene Waldflächen. Auf Satellitenbildern erkennbar als braune Fläche.

    „Die sieben umliegenden Gemeinden protestieren geschlossen. Hunderte Bürger haben sich organisiert. Doch Eigentümer der Flächen ist das Land Hessen – Volksentscheide bleiben ausgeschlossen.“

    Eigentümer des Windparks sind die Gemeinden, was hier verschwiegen wird. Mit den Pachteinnahmen aus dem Windpark kann das Land die zerstörten Waldflächen wiederaufforsten. Die Gemeinden erhalten eine Beteiligung an den Erträgen des Windparks, die auch wiederum für naturerhaltende Maßnahmen eingesetzt werden kann.

    „Trotz laufender Gerichtsverfahren schreitet der Bau ungebremst voran.“

    Das nennt man Rechtsstaat. Um Baurecht zu erhalten, müssen gesetzlich vorgeschriebene Verfahren durchlaufen werden wie Anhörung der Träger öffentlicher Belange, Prüfung von Umweltauswirkungen und eine Öffentlichkeitsbeteiligung. Wenn danach dem Vorhaben rechtlich nichts im Weg steht, darf gebaut werden.

    Der Widerstand ähnelt einem Kampf gegen Windmühlen. Politik und Investoren handeln, während Kultur- und Naturerbe verloren gehen. Die Symbolkraft des Projekts ist deutlich: Technokratie siegt über Heimatverbundenheit.

    Wer waren nochmal die Investoren? Investoren sind die Gemeinden der Region selbst bzw. deren Stadtwerke und Energiegenossenschaften. Der geschützte Urwald bei der Sababurg wird nicht tangiert. Die Region leistet einen Beitrag zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen Energieversorgung, die regionale Wertschöpfung wird gesteigert, Pachteinnahmen und Ertragsbeteiligung fließen in die öffentlichen Kassen, aus denen Wiederaufforstung und andere Maßnahmen zum Erhalt des lokalen Ökosystems finanziert werden können.

    Der Märchenwald in Nordhessen stirbt nicht durch Naturkatastrophen, sondern durch planvolle Veränderung.

    Wenn sich die Formulierung „Märchenwald“ auf den abgestorbenen Fichtenbestand im Bereich der Windkraftanlagen beziehen soll, dieser Waldbereich ist schon tot durch Naturkatastrophen, die durch den menschengemachten Klimawandel versursacht bzw. verstärkt werden.

    Der abgestorbene Teil des Reinhardswaldes wird zu einem Standort emissionsarmer Energieversorgung in Bürgerhand und bekommt die Chance, mit Mitteln aus den Pachteinnahmen und Erträgen wiederaufgeforstet zu werden mit stabileren Baumarten.

    Es ist völlig legitim, ein solches Vorhaben zu kritisieren. Menschen gewichten Aspekte unterschiedlich. Verschiedene Meinungen und kritische Argumente gehören zu einer Demokratie dazu. Doch an obigem Artikel war so gut wie alles falsch. Blackout News und Bild, auf deren Artikel sich Blackout News bezieht, verbreiten hier gezielt Unwahrheit und erzeugen eine bestimmte Stimmung. Demokratie funktioniert aber nicht auf Basis von Emotionen, die von Falschinformationen geleitet werden, sondern braucht das sachliche Abwägen von Fakten, um vernünftige Entscheidungen treffen zu können. Letztendlich sind solche Müllartikel ein Schaden für alle, weil sie die rationale Abwägung untergraben.

  • Wind und Sonne schicken keine Rechnung

    Wind und Sonne schicken keine Rechnung

    Bundesenergieministerin Katharina Reiche sagte kürzlich bei einem Auftritt, der Satz „Wind und Sonne schicken keine Rechnung“ sei simpel und dumm und wer ihn verwende, habe keine Ahnung von Energie. Der Netzausbau passiere für die Erneuerbaren auf Wunsch der Energiekonzerne, die Ausbauziele für erneuerbare Energien seien viel zu hoch und der Ausbau der Kraftwerke müsse sich in Zukunft am vorhandenen Netz orientieren.

    Diese Aussagen sind schockierend und es ist kaum zu glauben, dass sie von einer amtierenden Bundesministerin stammen, die mit dem Aufgabengebiet Energie und Wirtschaft betraut ist. Sie zeugen von Unkenntnis über grundlegende ökonomische Zusammenhänge gepaart mit Arroganz gegenüber Experten, die der Ministerin mit Fachwissen zur Seite stehen würden, wenn Lernwille bestünde.

    Zunächst erstmal, ja Wind und Sonne schicken keine Rechnung. Windkraft und PV-Anlagen erzeugen Strom aus der Energie, die atmosphärische Winde und Sonnenstrahlen täglich kostenlos bereitstellen. Energiekonzerne, die Öl und Gas aus der Erde befördern und weltweit als Energieträger verteilen, schicken sehr wohl eine Rechnung. Und die hat es in sich. Deutschland importiert jährlich fossile Brennstoffe im Wert von durchschnittlich 81 Milliarden Euro, um sie zu verbrennen. Dabei geht ein großer Teil der Energie als Abwärme verloren. Eine sehr teure und ineffiziente Form der Energiegewinnung im Vergleich zu Strom aus erneuerbaren Energiequellen.

    In der Wissenschaft werden die Kosten, die zur Energiegewinnung anfallen, in den Stromgestehungskosten dargestellt und verglichen. Dabei werden die Kosten für den Bau, Betrieb und Rückbau von Kraftwerken und für verbrauchte Brennstoffe auf die durchschnittliche Lebensdauer eines Kraftwerkstyps und auf die damit gewonnene Energiemenge verteilt. Dabei zeigt sich, dass Windkraft und PV, sogar PV mit Batteriespeicher, die Energiequellen mit den niedrigsten Stromgestehungskosten sind, deutlich niedriger als fossile Energiequellen und Kernenergie.

    Mit dem zweiten Punkte zielt Frau Reiche auf die Systemkosten in Form der Kosten für den Netzausbau ab und impliziert dabei, dass der Netzausbau nur für die erneuerbaren Energiequellen erfolgen würde. Das ist jedoch eine irreführende Darstellung. Die größten Systemkosten verursachen Kohle und Gasenergie, wenn man die Kosten für die Klimafolgeschäden und direkte Gesundheitskosten einrechnet. Aus diesem Grund hat Deutschland gemeinsam mit den meisten anderen Industrieländern der Welt den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen beschlossen. Zweitens muss auch der Strom aus konventionellen Kraftwerken zum Verbraucher gelangen. Teile der Kosten für den Netzausbau fallen für konventionelle Kraftwerke an. Ein weiterer Teil ergibt sich aus der Elektrifizierung der Sektoren Verkehr und Wärme. Wenn Autos und Heizungen zunehmend mit Strom betrieben werden, erfordert dies auch mehr Leitungen, um den Strom zu verteilen, egal aus welcher Quelle er kommt.

    Der Ausbau der Erneuerbaren Energiequellen wurde im Einklang mit Expertenempfehlungen hochgefahren, bevor Netze und Speicher im zukünftig benötigten Maß vorhanden waren, weil der meiste Strom direkt ins Netz eingespeist und abgenommen wird. Ungefähr 97 % des Stroms aus Windkraft- und PV-Anlagen wird ins Netz eingespeist und abgenommen. Ab einem Anteil von ungefähr 80 % der Erneuerbaren am Stromverbrauch werden Speicher in größeren Mengen erforderlich sein.

    Aktuell sehen wir bereits eine große Zunahme an Batteriespeicherprojekten, nachdem die Kosten in diesem Bereich stark gesunken sind. Die Anmeldungen für Batteriespeicher bei der Bundesnetzagentur sind auf einem Rekordstand. Zahlreiche Großspeicher befinden sich in Planung und sind z.T. bereits im Bau. Bis 2026 wird mit einer Verfünffachung der Speicherleistung in Deutschland gerechnet. All diese Kraftwerks- und Speicherprojekte stoßen an vielen Stellen auf unzureichende Netzkapazitäten. Aber das liegt nicht daran, dass die Ziele zu hoch gesetzt wurden, sondern an trägen Genehmigungsverfahren und begrenzten Finanzmitteln. Auch daran arbeiten die Landesregierungen gemeinsam mit der Bundesregierung bereits und setzen zahlreiche Maßnahmen um zur Beschleunigung der Verfahren.

    Die Kosten für eine moderne Energieinfrastruktur muss jemand bezahlen. Aktuell werden diese Kosten in Form von Netzentgelten auf den Strompreis umgelegt und somit von den Verbrauchen bezahlt. Wenn das Netz ausgebaut ist und die Anfangsinvestitionen in das neue Energiesystem getätigt sind, werden diese Kosten und auch der Börsenstrompreis wieder sinken. Zur Erinnerung: 81 Milliarden Euro für fossile Brennstoffe würden andernfalls weiterhin jährlich anfallen. Das sind Konsumkosten und keine Investitionen wie der Netzausbau. Das ist so als würde man lieber jeden Tag für 50 Euro Essen gehen, anstatt für 2.000 Euro eine neue Küche anzuschaffen. Am Ende des Jahres hättest du so viel Geld für Restaurants ausgegeben, dass du dafür 9 Küchen hättest kaufen können.

    Es gibt auch andere Möglichkeiten, die Kosten für den Netzausbau zu verteilen. In Frankreich wird der Strompreis staatlich subventioniert, sodass die Steuerzahler einen Teil der Kosten tragen. Man könnte auch nach dem Verursacherprinzip Unternehmen mit einem hohen CO2-Fußabdruck, die auf Kosten der Umwelt hohe Gewinne machen, durch Steuern oder Abgaben stärker in die Pflicht nehmen für den Umbau des Energiesystems. Leider kamen von Frau Reiche bisher keine anderen Ideen und Vorschläge als die Ausbauziele zu senken.

    Die Forderung, der Ausbau der Erneuerbaren Energien müsse sich am Netzausbau ausrichten, und nicht umgekehrt, sollte nicht dazu führen, die Ambitionen der Regierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien runterzufahren. Stattdessen sollte die Regierung gemäß ihres Auftrags den Netzausbau voran treiben und besser mit dem Ausbau der Kraftwerke synchronisieren.

    Die Aufgabe einer Ministerin ist es, Politik zu gestalten und Lösungen zu finden. Frau Reiche tritt hier jedoch ambitionslos auf, scheint grundlegende Zusammenhänge der Energiewende nicht zu verstehen, und verpasst die Chance, eine nachhaltige Zukunft zu gestalten. Ihr Chef, Bundeskanzler Merz, forderte zu Beginn der neuen Bundesregierung mehr Leistungsbereitschaft und Einsatz von der deutschen Gesellschaft. Leisten Sie Frau Reiche. Machen Sie Ihre Hausaufgaben und legen Sie einen zu Ende gedachten, nachhaltig tragbaren Plan vor für den Übergang in das Energiesystem der Zukunft.

  • Warum Kernenergie und erneuerbare Energien nicht gut zusammen passen

    Warum Kernenergie und erneuerbare Energien nicht gut zusammen passen

    1. Grundlast vs. Regellast

    Die Grundlast ist der Verbrauch an Strom, der im Tagesverlauf nie unterschritten wird. Kraftwerke mit hohen Investitionskosten, aber geringen spezifischen Betriebskosten, können sich am ehesten im Grundlastbetrieb amortisieren und sind wirtschaftlich darauf angewiesen, dass man sie da ungestört im Dauerbetrieb arbeiten lässt.

    Da Angebot und Nachfrage im Stromnetz immer im Gleichgewicht sein müssen, brauchen Grundlastkraftwerke ergänzend installierte Regelleistung.

    Typische Grundlastkraftwerke sind Kohle- und Kernkraftwerke. Diese können nur sehr träge hoch- und runtergefahren werden, wir sprechen hier eher von Tagen als von Stunden. Daher ist es wirtschaftlich am besten, diese kontinuierlich durcharbeiten zu lassen.

    Typische Regelkraftwerke sind Gaskraftwerke. Diese sind deutlich kleiner und können binnen Stunden zusätzlichen Strom zur Verfügung stellen.

    Wie kommen die erneuerbare Energien (EE) in dieses Szenario?

    Biogas: Zählt zu den Grundlastkraftwerken. Ein Biogasreaktor braucht lange, um hochgefahren zu werden. Dann produziert er aber kontinuierlich und mit einem entsprechenden Gaskraftwerk (bzw. BHKW) dahinter haben wir eine kontinuierliche Stromproduktion.

    Wasserkraft: Ebenfalls Grundlast, aber schon leichter regelbar. Man kann recht einfach Wasser an der Turbine vorbeilaufen lassen und somit die Stromproduktion drosseln.

    Sonne, Wind: Diese werden in Deutschland derzeit hauptsächlich als Regelleistung eingesetzt. Das sieht man gut an den Windkraftanklagen, die sich trotz guter Brise nicht drehen, da gerade genug Strom im Netz ist. PV-Anlagen werden gleichermaßen gedrosselt, die technische Möglichkeit ist bei Anlagen ab 30 kWp verpflichtend.

    Gleichwohl wird die Vorstellung der Bereitstellung einer Grundlast aus zentralen Großkraftwerken in der Fachwelt zunehmend als überholt angesehen. [1] [2] In einer zukünftigen Vollversorgung aus EE wird der Verbrauch gedeckt werden aus einer Mischung aus zentralen und dezentralen EE-Kraftwerken im Zusammenspiel mit Speichertechnologien, intelligentem Lastmanagement und dem Stromaustausch mit den europäischen Nachbarländern. [3] Bereits heute decken die EE an manchen Tagen 100 % des Strombedarfs in Deutschland. Entscheidend ist, dass bei extremen Wetterlagen, d.h. wenig Wind und bewölkter Himmel, kurzfristig Reservekapazitäten eingesetzt werden können. Diese müssen in der Lage sein, innerhalb von 24 Stunden den Wegfall eines Großteils der EE-Erzeugungskapazität zu kompensieren und bei Veränderung der Wetterlage ebenso schnell wieder abregelt werden können.

    2. Kernkraftwerke sind als Reserve am unwirtschaftlichsten

    Aus dem bisherigen System der Stromversorgung mit Großkraftwerken für die Bereitstellung der Grundlast ergibt sich für die Produzenten die Möglichkeit, Anlagen im Dauerbetrieb zu fahren. PV und Windkraft haben auch sehr geringe Betriebskosten und sind daher natürliche Konkurrenten von klassischen Grundlastkraftwerken wie den Kernkraftwerken (KKW). An sonnigen und windigen Tagen können EE leicht den Bedarf alleine decken.

    Gerade bei den EE muss die Reservekapazität im Extremfall (Dunkelflaute) den Großteil der Last aufbringen können. Dafür kommen aber nur Anlagen mit geringen Investitionskosten in Frage, die sich auch bei nur kurzzeitigem Einsatz amortisieren können. Diese Anforderungen entsprechen nicht dem wirtschaftlichen Profil von KKW, was Atomenergie als Juniorpartner der EE ungeeignet macht.

    3. Kernkraftwerke haben eine zu geringe Flexibilität in der Regelbarkeit

    Neben der Unwirtschaftlichkeit des Betriebs von Kernkraftwerken als Reserve steht die unzureichende Flexibilität in der Regelbarkeit. Zwar können Kernkraftwerke in einem Bereich nahe der Nennleistung (die maximale Leistung) um bis zu 10 % pro Minute ihre Leistung anheben und absenken. Allerdings dürfen 50-60 % der Nennleistung im praktischen Betrieb nicht unterschritten werden. Die Anfahrzeit, d. h. die Zeit, die benötigt wird, den Reaktor aus dem ausgeschalteten Zustand wieder in Betrieb zu nehmen, beträgt 1-2 Tage. [4]

    Das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag untersuchte die Möglichkeit des Einsatzes der deutschen Kernkraftwerke als Ergänzung zu den EE in Deutschland in einer Simulation:

    Es zeigte sich, dass ein KKW-Betrieb, bei dem – wie bisher üblich – der Lastbereich unterhalb 50 bis 60 % der Nennlast nicht genutzt wird, nicht ausreichen würde, um die Integration eines hohen Anteils fluktuierender EE-Einspeisung zu erlauben. Die Konsequenz wäre, dass zu bestimmten Zeiten EE- Anlagen abgeregelt werden müssten, wenn die am Netz befindlichen KKW nicht weiter heruntergeregelt werden können, weil ihre Mindestlast erreicht ist. [4]

    Ein häufiges An- und Ausschalten, wie es als Ergänzung oder Reserve bei einer Vollversorgung aus EE erforderlich wäre, ist darüber hinaus mit einer verstärkten Materialabnutzung durch Temperatur- und Druckwechseln in Kühlkreisläufen und die häufige Betätigung von Steuereinrichtungen verbunden. Dies würde zu stärkeren Ermüdungserscheinungen an Bauteilen und in der Folge zu höherer Wartungsintensität und Ausfallzeiten führen.

    4. Gaskraftwerke sind die bessere Wahl als Reserve

    Vor diesem Hintergrund werden in der Wissenschaft und Politik Gaskraftwerke als geeignete Back-Up-Kapazität für die EE gesehen. [5] Gaskraftwerke haben eine Reihe von Vorteilen gegenüber Kernkraftwerken.

    • Gaskraftwerke können innerhalb von 10-15 Minuten hochgefahren werden und somit viel kurzfristiger auf wetterbedingte Schwankungen bei den Kapazitäten aus EE reagieren. [6]
    • Gaskraftwerke sind schwarzstartfähig. Das heißt, sie können zum Beispiel bei einem Blackout ohne externe Energiezufuhr wieder angefahren werden und Deutschland innerhalb weniger Minuten wieder mit Strom versorgen. Gas-Kraftwerke können somit vollständig autonom die Stromversorgung wiederherstellen und tragen zur Resilienz des Stromnetzes bei.
    • Gaskraftwerke können perspektivisch mit grünem Methan oder grünem Wasserstoff betrieben werden und stellen daher eine CO2-neutrale Reservekapazität dar. Methan und Wasserstoff können in den bereits vorhandenen Untertage-Speichern gelagert werden und flexibel im Bedarfsfall eingesetzt werden.

    5. Lock-in-Effekt

    Der Lock-In-Effekt beschreibt in der Wirtschaftswissenschaft den Bindungseffekt eines Anbieters oder Systems an den Nutzer bzw. Kunden. Der Effekt besteht in den hohen Kosten, die mit dem Wechsel zu einem anderen System verbunden wären, auch wenn das andere System auf lange Sicht wirtschaftlicher ist oder andere Vorteile bietet. Ein bekanntes Beispiel für einen Lock-In-Effekt ist die QWERTZ-Tastatur bei Computern. Die Tasten sind heute so angeordnet, weil sie in dieser Anordnung auf der früher genutzten Schreibmaschine das Verhaken der Typenhebel verhinderten. Mit der Entwicklung von Computern war dieser Grund nicht mehr gegeben und es hätte sinnvollere Anordnungen gegeben, doch die Pfadabhängigkeit/der Aufwand zur Umgewöhnung war zu groß, um die weltweit so eingestellte Technologie grundlegend umzustellen. Die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung beschreibt diesen Effekt im Kontext der Energiewende ausführlich:

    Durch Pfadabhängigkeiten wird die zukünftige Entwicklung von Entscheidungen in der Vergangenheit beeinflusst. Jede langfristige Transformation ist von derartigen Pfadabhängigkeiten gekennzeichnet. Die lange Wirkungsdauer von politischen Entscheidungen trägt zusätzlich dazu bei, dass sich die Umsetzung der EW [Energiewende] hinauszögert (acatech, Leopoldina & Akademienunion 2017b). [7]

    Dabei lassen sich infrastrukturelle, technologische, institutionelle, verhaltensgetriebene und weitere unabhängige Lock-In-Effekte unterscheiden:

    Skaleneffekte und sunk costs in Form hoher Investitions- und Fixkosten der fossilen Technologien setzen einen Anreiz, weiterhin die etablierte Technologie zu nutzen. Dadurch verstetigen sich herkömmliche Technologien. Auf der Konsumentenseite können ebenfalls Pfadabhängigkeiten entstehen: Zum einen trägt die Bekanntheit einer Technologie dazu bei. Je verbreiteter das Wissen über die Funktionsweise ist, umso geneigter sind die Konsumentenen, die Technologie zu übernehmen. Zum anderen bestimmen die Erwartungen über die zukünftige Entwicklung das Nutzerverhalten, sodass als vielversprechend wahrgenommene Technologien eher angewendet werden. Die sich hieraus ergebenen Pfadabhängigkeiten erschweren die Verbreitung von neuen EW- Technologien, können bei einem entsprechenden Verbreitungsgrad jedoch ins Gegenteil kippen.

    So haben die Subventionen für fossile Energiegewinnung und Kernenergie in der Vergangenheit die Pfadabhängigkeit von diesen Technologien zementiert. Indem diese Kraftwerksarten mit Subventionen künstlich günstig gehalten wurden, hatten die EE geringere Entwicklungsmöglichkeiten. [8] Wir streben in Deutschland eine Energieversorgung aus EE an, auf Basis von zentralen und dezentralen EE-Kraftwerken, Speichern zum Ausgleich von Fluktuationen, intelligenten Netzen usw. Dies erfordert ein hohes Maß an Investitionen und das Abbauen der bestehenden Pfadabhängigkeiten sowohl von fossilen Kraftwerken als auch von Kernkraft. Das Umleiten von Ressourcen und Kapital in das bestehende System der Großkraftwerke und das Subventionieren dieser würde diese Pfadabhängigkeiten zementieren, statt sie abzubauen, und würde somit den Lock-In-Effekt verstärken, statt ihn zu überwinden.

    6. Kernenergie und EE weniger effektiv als nur EE

    Eine Studie der University of Sussex Business School und International School of Management, München, kam zu dem Schluss, dass der gemeinsame Einsatz von Kernenergie und erneuerbaren Energiequellen die Effektivität des Klimaschutzes reduziert im Vergleich zu einer Strategie, die nur auf erneuerbare Energiequellen setzt. [9] Die beiden Energiesysteme würden sich demnach gegenseitig verdrängen und ihre Effektivität beschränken. Die Ausrichtung der Netzstrukturen sowie Finanzierungsansätze seien bei beiden Ansätzen unterschiedlich und inkompatibel. Die CO2-Einsparung durch nukleare Stromerzeugung sei in Ländern mit hohem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf gering im Vergleich zu Investitionen in erneuerbare Energiequellen, und in Ländern mit geringem pro-Kopf-BIP sei die nukleare Stromerzeugung sogar mit tendenziell höheren CO2-Emissionen verbunden.

    Mitautor Andrew Stirling, Professor für Science und Technology Policy an der University of Sussex Business School: „Dieser Artikel entlarvt, wie irrational es ist, sich auf ein ‘do everything’-Argument zu stützen, wenn es um Investitionen in Nuklearenergie geht. Unsere Ergebnisse zeigen nicht nur, dass diese Investitionen weniger wirksam hinsichtlich der Reduktion von CO2-Emissionen sind als Investitionen in erneuerbare Energien, sondern auch, dass Spannungen zwischen diesen beiden Investitionsstrategien einen wirksamen Kampf gegen den Klimawandel gefährden.“ [10]

    Fazit von Mitautor Prof. Sovacool von der britischen Sussex University: „Die Beweise deuten eindeutig darauf hin, dass Atomkraft die am wenigsten wirksame der beiden Strategien zur Reduzierung der CO2-Emissionen ist. Aufgrund der Tendenz, nicht gut mit der erneuerbaren Alternative zusammen zu existieren, wirft dies ernsthafte Zweifel an der Weisheit auf, Investitionen in Atomkraft vor erneuerbaren Energien zu priorisieren. Länder, die umfangreiche Investitionen in neue Kernenergie planen, riskieren die Unterdrückung größerer Klimavorteile durch alternative Investitionen in erneuerbare Energien.“ [10]

    7. Fazit

    Kernenergie und EE wurden für grundlegend verschiedene Energiesysteme entwickelt unter gegensätzlichen Prämissen. Sie behindern sich gegenseitig bzw. reduzieren in der Wechselwirkung ihre Effizienz und Rentabilität. Eine politische Strategie, die auf beide Arten der Stromerzeugung parallel setzt, in Form von Investitionen und Subventionen, würde die Effektivität des Klimaschutzes, die Resilienz des Stromnetzes und die Geschwindigkeit des Ausbaus der EE verringern im Vergleich zu einer Strategie, die alle Ressourcen auf die Ausbauziele und geeignetere Reservetechnologien setzt.